Übergänge - Zeitungsartikel

Ingelheim - 01.08.2008
Von: Helena Sender-Petry

Spiel mit Zeit und Raum auf dem Rhein

Kunst auf Fähre zwischen Ingelheim und Oestrich-Winkel mit Rezitation und Pantomime

Unter dem Titel "Übergänge" firmiert ein Kunstprojekt auf der Fähre zwischen Frei-Weinheim und Oestrich-Winkel. Die Idee dazu hatte die Foto-Künstlerin Gerlinde Heep-Heins, die seit einem Jahr in Ingelheim lebt.

Der Name dieser Aktion ist klug gewählt. So gilt die Fahrt mit einer Fähre in den Mythen, der Literatur und auch der Malerei als Metapher, als Bild für den Begriff Übergang schlechthin. "Auf den Mythologien basiert die Grundidee", sagt Gerlinde Heep-Heins. Im Zentrum der Betrachtung steht die Figur des Fährmanns, ein immer wiederkehrendes Motiv, das sowohl Tod als auch Führung bedeutet. Und so will sie am 30. August und 6. September auf der Fähre zwischen Ingelheim und Oestrich-Winkel die Fahrgäste mit diesem ganz speziellen Spiel aus Zeit und Raum konfrontieren. Denn nicht nur die Fotografien der Initiatorin werden gezeigt, auch die Schauspielerin Cornette Deegener und der Pantomime Jürgen Worst sind eingebunden in dieses interaktive Kunstprojekt auf dem Rhein. Wer den Musik-Part übernimmt, steht noch nicht fest, "wahrscheinlich ein Künstler aus Mainz".

Fest steht, dass Deegener Texte, etwa aus Dantes Göttlicher Komödie, und zeitgenössische Lyrik rezitiert. Rheinromantik steht nicht auf dem Programm, "eventuell Texte von Theodor Fontane", versichert Heep-Heins. Worst, der in Idar-Oberstein daheim ist, übernimmt den Part des Fährmanns. "Er ist in seiner Gestaltung frei und wird flexibel auf alles reagieren, was ihm begegnet", macht Heep-Heins neugierig. Sorge hat sie nicht, dass sich die Gäste auf der Fähre womöglich belästigt fühlen.

"Wer keine Lust hat, sich darauf einzulassen, bleibt eben im Auto sitzen", bleibt sie gelassen. Doch wer sich darauf einlasse, habe "Teil am Prozess des Entstehens und Vergehens, des Rückblicks und der Neuorientierung".

Klingt schwierig, aber dennoch interessant. Ihre Fotos, die sie zeigen wird, sind just auf dieser Fähre entstanden. "Ich bin ganz oft mitgefahren und habe versucht, Menschen und Stimmungen einzufangen. Meine Schwarz-Weiß- Bilder sind in jedem Fall ganz authentisch", sagt Gerlinde Heep-Heins.

Den Betreiber der Fähre, die Maul GmbH aus Mainz, von ihrem Konzept zu überzeugen, war gar nicht so einfach. Heep-Heins: "Zuerst verstand niemand, was ich eigentlich will." Nachdem die Ingelheimerin ihre Ideen schriftlich fixiert hatte, kam die Zustimmung. Einzige Bedingung: Der Betrieb darf nicht gestört werden. Über den Vorschlag eines türkischen Fährmanns, ein Gedicht aus seiner Heimat vorzutragen, habe sie sich sehr gefreut.

Zweimal wird das Experiment gewagt, am 30. August und am 6. September, und gestartet wird jeweils um 17 Uhr an der Mole in Frei-Weinheim. "Die Überfahrt für eine Strecke auf dem Rhein dauert rund zehn Minuten, doch wir agieren bereits im Vorfeld, nämlich auch, wenn die Autos auf die Fähre fahren." Zirka eine Stunde ist für die Performance eingeplant, die durch den "ungeschützten Raum lebt", wünscht sich Heep-Heins. An eine Wiederholung der Aktion sei nicht gedacht. "'Übergänge' soll eine einmalige Sache bleiben", ist sich die Foto-Künstlerin absolut sicher.